Prof. Dr. Stefan Lennardt
Duzen oder Siezen Sie Ihre Mitarbeiter? Schreiben Sie mir gern eine Mail oder rufen Sie mich an: 0231 477 00 378. Ich freue mich auf Ihre Nachricht!
Hätte ich mein Erspartes in Krawattenhersteller investiert – ich hätte schlimme Angst vor Altersarmut. Zwar werden Führungspositionen noch sehr zögerlich mit Frauen besetzt, aber Vorstandsvorsitzende kommen immer öfter in Sneakern zum Termin. Der Schlips ist weg, als Zeichen einer neuen Lockerheit. Ist die echt?
Zur neuen Kleiderordnung gehört das demonstrative »Du«. Man lacht sich ja erstmal kaputt, wenn Chefs von Dax-Konzernen sozusagen über Nacht mit offenem Hemd zur Hauptversammlung gehen und jetzt geduzt werden wollen. Nach Jahrzehnten fast militärischer Rang- und Hackordnungen wirkt das doch ein bisschen aufgesetzt. Der übliche Hinweis auf internationale Gepflogenheiten ist ja auch nicht richtig, denn »you« heißt noch lange nicht »you«, und »der Bill« (oder Chuck oder Chris) kann durchaus auf respektvollen Abstand Wert legen.
Mir begegnen bei meiner Arbeit auch CEOs (eher von Hidden Champions), die sehr ernsthaft darüber nachdenken, ob die Du-Kultur nicht geeignet wäre, Distanz abzubauen und die Zusammenarbeit zu verbessern. Das ist sie. Wenn sie ernst gemeint ist und nicht nur hohle Symbolik.
Was gehört dazu?
Augenhöhe. Wer duzen will, muss auch die dazu passenden flachen Hierarchien schaffen. In den häufig noch stark gestuften Organisationen kommunaler Unternehmen ist das Du zwar weithin üblich – aber nicht immer ehrlich, weil auf Distanz in Wahrheit sehr viel Wert gelegt wird.
Wenn der Chef möglichst weit entfernt von den Mitarbeitern im Eckbüro sitzt, bringt das Du auch keine neue Kultur.
Respekt. Man kann beim Siezen sehr respektlos sein und trotz (oder wegen?) des »Du« sehr wertschätzend. Entscheidend ist, ob respektvoller Umgang miteinander in der Unternehmenskultur verankert ist. Der Schwenk zum Du kann das nicht ersetzen. Im schlimmsten Fall leuchtet er
ein Glaubwürdigkeitsproblem hell aus.
Vertrauen. Das Du kann helfen, Schranken abzubauen. Wenn das Vertrauen echt ist, das da mitschwingt. Und wenn nicht falsche Freundschaft gespielt wird.
Modernität. Es tut jedem Unternehmen mit komplexen Aufgaben gut, sich zeitgemäße Arbeitsweisen und eine neue Unternehmenskultur bei denen abzugucken, die es drauf haben. Das können die berühmten »Startups« sein, aber auch erfolgreiche Mittelständler in bewegten Märkten, nicht
selten typische Stadtwerkekunden. Lässigkeit zu imitieren, bringt dagegen nichts: Nur zu duzen und sich ein Loch in die Jeans machen ist noch lange nicht »New Work«.
Freiwilligkeit. Was sagen eigentlich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter? Das Personalmagazin (September 2019) hat erhoben: Die meisten, vom Azubi bis zur Führungskraft, haben es am liebsten, wenn nichts vorgeschrieben wird. Jeder entscheidet also selbst. Und wenn das Du sich dann ausbreitet, ist es (hoffentlich) ein gutes Zeichen. In einem Stadtwerk arbeiten drei sehr unterschiedliche Generationen. Welche Regeln also für das Angebot zum Du gelten sollen, muss ganz offen
besprochen werden.
Es spricht also viel für das Du. Wenn es freiwillig ist. Und Teil einer lebendigen, zeitgemäßen Unternehmenskultur, zu der es wirklich passt. Die haben Sie schon? Perfekt. Ich bin übrigens der Stefan.
Ich schreibe regelmäßig Kolumnen für die ZfK. Lesen Sie hier mehr.