Lange Zeit waren Warenhäuser aus unseren Innenstädten nicht wegzudenken. Vielerorts waren sie der Grund, um die Innenstadt zu besuchen – samstags nachmittags bei Karstadt shoppen gehen war für viele Familien ein Event. Heute ist das anders. Der großflächige Einzelhandel ist ein Auslaufmodell – kleine Ladenlokale, „das Erlebnis“ und multifunktionale Nutzungsmöglichkeiten sind im Trend.

Aber wie sollten Wirtschaftsförderungen, Innenstadtgestalterinnen und -gestalter damit umgehen? Welche Pläne gibt es, um die Immobilien „nachzunutzen“? Eine Idee: Coworking. Wir haben uns mit Dr. Maximilian Kutzner von der Wirtschaftsförderung der Region Fulda zu diesem Thema und einem ganz konkreten Beispiel aus der Region ausgetauscht.

Dr. Maximilian Kutzner Warenhäuser

Dr. Maximilian Kutzner

Projektmanagement Region Fulda Wirtschaftsförderung

 

1. Unsere Innenstädte stehen nicht erst seit der Pandemie vor großen Herausforderungen – veränderte Konsummuster und natürlich der Onlinehandel wirken stark auf den Einzelhandel und Co. Darunter leidet insbesondere der großflächige Einzelhandel. Sind Warenhäuser ein Auslaufmodell?

Maximilian Kutzner: Das Kaufhaus in seiner bisherigen Form, mit Vollsortiment und alles an einem Ort an zentraler Stelle in der Innenstadt, hat keine Zukunft. Es würde unseren Innenstädten auf Dauer sogar schaden. Denn mittlerweile haben sich die Konsumentengewohnheiten viel stärker in Richtung Onlinehandel entwickelt. Ein riesiger Baukörper im Herzen einer Stadt, der nur für den Massenkonsum ausgelegt und nicht ausgelastet bzw. ökonomisch tragfähig ist, wirkt da wie ein Fremdkörper. Es gibt bessere Nutzungsmöglichkeiten für die Lagen und Immobilien.

2. Mal abgesehen vom Einzelhandel sprechen viele Expertinnen und Experten davon, dass die Innenstadt heute ein multifunktionales Angebot bieten muss. Was gehört aus Ihrer Sicht dazu? Wer ist vor Ort für die Strategie dahinter verantwortlich?

Maximilian Kutzner: Es braucht Multi-Use-Konzepte, die Handel, Wohnen und Büro verbinden. Vor allem Wohnraum in Innenstädten wird ein zentrales Zukunftsthema sein. Aber auch Kunst und Kultur sind wichtig. Aus meiner Sicht sollten Städte und Kommunen nicht zu stark ins Marktgeschehen eingreifen. Sie sollten eher Rahmenbedingungen für die Entwicklung und den Umbau von Kauf- und Warenhausimmobilien setzen. Das kann über die Bauordnung, aber auch über den Klimaschutz geschehen. Man kann beispielsweise Anreize für möglichst viel Entwicklung aus dem Bestand heraus geben. Oder es zur Vorschrift machen, für jede Wohn- und Büroeinheit ein paar Quadratmeter im Gebäude für nicht-kommerzielle Zwecke bereitzustellen, etwa für Kunst und Kultur. Das wertet nebenbei die Innenstadt Lage auf und sorgt für eine langfristige Preisstabilisierung der vermarkteten Einheiten, wie wirtschaftliche Modelle zeigen.

3. Mit dem Co-KARL Coworking im ehemaligen Kerber Kaufhaus in Fuldas Innenstadt hat die Wirtschaftsförderung ein neues Nutzungskonzept implementiert. Welche konkreten Tipps haben Sie für die, die sich ebenfalls mit Coworking in der Innenstadt beschäftigen?

Maximilian Kutzner: Das Gros der Warenhausimmobilien, welche durch die Galeria Insolvenzen auf den Markt gekommen sind, befindet sich nicht in Großstädten. Es geht eher um die Mittelstädte zwischen 100.000 und 250.000 Einwohnern. Hier funktioniert Coworking nicht wie in Berlin, Frankfurt oder München. Sie können nicht darauf setzen, dass Sie am Tag zwanzig Tagestickets verkaufen. Das deckt nicht einmal die Kosten für Kaffee, Internet, Reinigung und schon gar nicht für das Personal. Vergessen Sie es. Besonders gefragt sind Büros zwischen 10 und 30 Quadratmetern, mit kurzfristigen Mietlaufzeiten, inklusive aller Kosten, möbliert und mit wenig Aufwand. Für diesen Preis lässt sich der bis zu dreifache ortsübliche Quadratmeterpreis erzielen. Dies finanziert zugleich nicht ertragreiche Produkte, wie Coworking Tagestickets im Großraumbüro oder die kostengünstige Vermietung von Meetingräumen. Setzen Sie also von Beginn an auf fest vermietete Büros und denken Sie an die Crossfinanzierung. Aber am Ende ist auch klar: Coworking in Warenhausimmobilien von Klein- und Mittelstädten ist wirtschaftlich fast nie tragfähig.

Titelbild: Dr. Maximilan Kutzner mitten im Umnutzungsprozess des alten Kaufhauses zum Co KARL Coworking Fulda (c) Region Fulda Wirtschaftsförderungsgesellschaft mbH

Tim Pieper - Strategieberater für Wirtschaftsförderung und Standorte

Tim Pieper

Sie stehen auch vor der Herausforderung, großflächigen Leerstand umzunutzen? Lassen Sie uns gern drüber sprechen.

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